Erfahrungsberichte
Maximilian
*1.2.2017
Aufgrund erhöhter Entzündungswerte und einer Verkürzung des Gebärmutterhalses kam Maximilian zehn Wochen zu früh auf die Welt. Er wog 1710 Gramm und war 43 cm groß. Zwar musste er nicht beatmet werden, aber sofort auf die Intensivstation. Vier Wochen nach der Geburt wurden Zysten in Maximilians Gehirn festgestellt. Diese fallen normalerweise zusammen, aber das Gehirngewebe ist unwiderruflich zerstört. Wir sollten mit Spastiken rechnen, in welchem Ausmaß konnte man uns nicht sagen, nur, dass seine Beine betroffen sein würden. Erst einmal machte Maximilian zu unserer Freude ganz gute Entwicklungs-Fortschritte.
Mit Überwachungsmonitor duften wir nach acht Wochen die Klinik verlassen. Ich war froh, endlich zu Hause zu sein und hatte anfangs kein Problem, mit Max zurecht zu kommen. Denn direkt nach der Entlassung bekamen wir Unterstützung vom Bunten Kreis. Frau M. besuchte uns regelmäßig und gab uns viele wertvolle Tipps. Sie half uns beim Beantragen eines Pflegegrades und begleitete uns zu Untersuchungen. Anfangs hofften wir, dass unsere Sorgen mit einer geeigneten Physiotherapie bald vergessen sein könnten. Doch dann begann eine Phase, in der unser Sohn acht Stunden durchweg weinte, ohne dass wir ihn beruhigen konnten. Wir suchten Rat bei einer Schrei-Ambulanz, die uns leider wenig weiterhalf. Zusätzlich wurde das Füttern zur Qual. Auf der Intensivstation hatte er nicht an der Brust trinken dürfen und zu Hause war er nun schon die Flasche gewöhnt und zu ungeduldig. Oft schrie er sogar während des Trinkens und erbrach sich dann sehr häufig. Dem Kinderarzt fiel auf, dass unser Sohn sehr unruhig war. Ein daraufhin angeordnetes EEG zeigte epileptische Aktivität. Das West-Syndrom wurde diagnostiziert und geeignete Medikamente verordnet, die seine Unruhe bessern konnten.
Bis zu diesem Zeitpunkt hatte sich Maximilian, wenn auch sehr langsam, aber stetig weiterentwickelt. Doch mit Einsetzen der Epilepsie und der Medikamente erlitt unser Sohn einen enormen Rückschlag: er konnte nichts mehr, nicht greifen und seine Körperspannung nicht mehr halten. Er hatte keinen Tag-Nacht-Rhythmus und wollte auch nachts beschäftigt werden. Wir hofften, dass, wie in den meisten Fällen, seine Entwicklung weitergehen würde, wenn die Epilepsie im Griff wäre. Nach langer Überwindung konnten wir uns zur Anlage einer Magensonde durchringen. Auch wenn dies sogar mit einem Aufenthalt auf der Intensivstation einher ging, sind wir froh, diesen Schritt gemacht zu haben. Dadurch entspannte sich die Lage. Ein Jahr später zeigte er sogar von sich aus Interesse am Essen. Mittlerweile isst er Brei und am liebsten Kinderschokolade.
In Mini-Schrittchen erkämpfen wir uns mit unterschiedlichsten Therapien winzigste Fortschritte, aber im Grunde blieb Maximilian bis heute im gleichen Zustand. Er reagiert auf Musik und Bewegung und liebt es, mit seiner Integrationshelferin im Kindergarten zu spielen. Da hat er genug Abwechslung, hört viele unterschiedliche Geräusche, die anderen Kinder schieben ihn herum, schaukeln mit ihm oder verkleiden ihn. Im vergangenen Winter durfte er sogar mit dem Schlitten fahren, was ihn nahezu in Verzückung versetzte. Bei uns zuhause wird ihm schnell langweilig.
Deshalb ist die Coronazeit für uns besonders anstrengend. Normalerweise bekommt Maximilian Physio-, Reit-, Musik- und Ergotherapie, aber nun findet kaum etwas statt. Wir können weder mit ihm ins Bewegungsbad noch ins Therapiezentrum auf die Vibrationsplatte oder aufs Trampolin. So bleiben uns wenig Möglichkeiten, ihn rund um die Uhr bei Laune zu halten. Er liebt es herumgetragen oder noch besser durch die Luft gewirbelt zu werden, aber mittlerweile wiegt er vierzehn Kilo und dieses Gewicht ist für meinen Rücken keine Kleinigkeit mehr. Sobald Oma und Opa bei uns sind, blüht Max auf, denn dann wird er zum Mittelpunkt des Geschehens. Zum Glück hat meine Mutter genug Kraft und die notwendige Geduld, stundenlang mit ihm herumzutippeln. Die ganze Familie tut alles, um Maximilian so gut wie möglich zu fördern und ihn zum Lachen und Strahlen zu bringen. Zurzeit sind wir im „Auf die Beine Programm“ und arbeiten mit ihm daran, dass er seinen Kopf halten kann.
Insgesamt haben wir uns jedoch damit abgefunden, dass wir aufgrund der starken Schädigung vom Maximilians Gehirn für die Zukunft nicht allzu viel erwarten dürfen.
Melina
*30.9.2018
Beim Ultraschall am Anfang meiner Schwangerschaft war unsere Melina in ihrer Fruchtblase gar nicht zu erkennen und erst in einer Spezialpraxis konnte der Herzschlag unserer Tochter gefunden werden. Sie ist eben ein „Eckenhocker“ sagte man uns. Mit meinen drei größeren Kindern, 20, 17 und 14 Jahre alt, hatte ich problemlose Schwangerschaften hinter mir und so etwas noch nie gehört. Schon bald ging es mit den Besonderheiten weiter, denn ich hatte starke Blutungen, die sich leider wiederholten, bis ich in der 17. Woche stationär aufgenommen wurde und streng liegen musste. Ich hielt 10 Wochen durch, dann ließ sich Melina nicht mehr aufhalten und kam mit 950 Gramm auf die Welt.
Mir ging es bei der Geburt sehr schlecht. Ich brauchte zahlreiche Blutkonserven, musste zwei Mal reanimiert werden und lag drei Tage auf der Intensivstation. Melina schien anfangs recht stabil zu sein, aber nach zwei Tagen bekam sie eine massive Hirnblutung und zwei Lungenrisse. Es musste ein sogenanntes Rickham-Reservoir in ihren Kopf gelegt werden, ein Ventil, das eine tägliche Punktion des Kopfes ermöglicht. Ständig gab es neue Komplikationen. Beide Augen wurden gelasert und dann riss auch noch der Schlauch ihrer Hirnwasser-Ableitung. Daraufhin war eine komplizierte, sechsstündige Operation nötig. Als sie etwas größer war, wurde Melina ein dauerhafter Shunt implantiert, um einen Wasserkopf zu vermeiden. Vier Monate lag unsere kleine Tochter in der Klinik. Sobald ich körperlich dazu im Stande war, stand ich ihr rund um die Uhr bei und versuchte ihr ein wenig Geborgenheit zu geben. So wurden wir in dieser Zeit auch als Familie auseinandergerissen. Alle litten unter dieser Extremsituation und hatten Angst, was der nächste Tag wieder für Hiobsbotschaften bringen würde. Die älteren Kinder, sonst sehr gute Schüler rutschten mit ihren Noten ab. Auch als Melina und ich endlich zu Hause waren, hörten die schlimmen Erlebnisse nicht auf. Gerade als der große Bruder Luca sein kleines Schwesterchen auf dem Arm hielt, hörte sie auf zu atmen und wir mussten den Notarzt rufen, Neugeborenen-Krampfanfälle wurden diagnostiziert.
Mit der Hilfe von Frau B. vom Bunten Kreis haben wir uns durch diese wahnsinnig schwere Zeit gekämpft. Oft war ich am Ende meiner Kräfte. Ich wollte auch den Großen gerecht werden und war gleichzeitig ständig voller Sorgen um Melina. Doch Schritt für Schritt gelang es uns, in die Normalität eines guten Familienlebens zurückzufinden. Frau B. gab mir mit jedem Besuch ein wenig Sicherheit zurück. Heute sind alle stolz auf Melina, die gute Fortschritte macht. Ihre Geschwister behandeln sie wie ihre „goldene Königin“ und lassen sich alles von ihr gefallen. Wir alle hätten nie gedacht, dass es uns einmal wieder gut gehen würde. Daran hat der Bunte Kreis einen großen Anteil und Frau B. wird immer in meinem Herzen bleiben.
Damals schon hat sie mir gesagt, dass immer wieder einmal Steine im Weg liegen würden. Daran muss ich jetzt immer denken, wenn Melina Probleme hat. Sie möchte so gerne anderen Dreijährigen hinterherrennen, aber durch ihre Spastik in den Beinen schafft sie es kaum zu stehen. Dann weint sie vor Enttäuschung und Wut. Dass ihr Bewegung Spaß macht, merkt man daran, wie gern sie sich auf das Trampolin begibt und auf ihrem Bobbycar flitzt sie richtig durch die Wohnung. Deshalb ist die Physiotherapie zur Stärkung ihrer Beine enorm wichtig. Geistig ist Melina zum Glück sehr fit. Ein Segen nach den Hirnblutungen, zahlreichen Vollnarkosen und Sedierungen, die sie hinter sich gebracht hat. Sie spricht sehr schön in ganzen Sätzen und freut sich, ihre großen Geschwister zu necken.
Noch immer bin ich sehr ängstlich mit Melina. Jedes Mal, wenn sie hinfällt, habe ich eine Schrecksekunde, denke an ihre offene Fontanelle und den Shunt in ihrem Kopf. Seit August haben wir einen Platz in einem Integrationskindergarten, da könnte Melina endlich mit anderen Kindern spielen. Theoretisch. Aber Corona macht uns einen Strich durch die Rechnung und wird zu einer enormen Zusatzbelastung. In vier Monaten war Melina nur zwei Wochen dort. Beim leisesten Verdacht auf die Krankheit bei anderen Kindern oder beim Personal werde ich schon nervös. So ist Melina beinahe ausschließlich mit der Familie zusammen. Auch wir haben kaum Kontakte. Wenn jemand in der Familie die leichtesten Erkältungssymptome zeigte, wird er ausquartiert und muss bei Oma übernachten. Jetzt hoffen wir sehr, dass die Zeit, in der wir nur zuhause sitzen irgendwann ein Ende hat.
Unser großes Wunder – eine Mut-mach-Geschichte
Lucas *25.6.20
„Lucas ist unser kleiner Wirbelwind,“ erzählt seine Mama, „er beobachtet seine Umwelt äußerst aufmerksam, pfiffig und wach. Bei unserem letzten Arztbesuch hat er dem Professor blitzschnell einen Kugelschreiber vom Tisch geklaut, der ihm gerade interessant erschien. Bis auf Größe und Gewicht hat er abgeschnitten wie andere Einjährige. Wir sind extrem stolz auf unseren kleinen, großen Kämpfer. Denn sein Weg ins Leben verlief extrem steinig.
Zum Glück stand uns nach unserer Entlassung aus der Klinik die erfahrene Kinderkrankenschwester Frau M. vom Bunten Kreis bei. Ich glaube, ohne sie hätte ich diese aufregende Zeit nicht überstanden. Sie war für mich mein Ein und Alles! Psychologin, Kinderpflegerin, Hebamme, Halt und Beantworterin meiner tausend Fragen. Sie koordinierte mit mir unsere zahlreichen Termine, ging mit mir Arztbriefe durch und war dabei, als Lucas das erste Mal lächelte. Sie gab mir viele entscheidende und wertvolle Tipps. Zum Beispiel, Lucas im Schlaf zu füttern, weil er Flasche und Löffel verweigerte. Da dies funktionierte, war uns klar, dass es sich bei Lucas` Ess-Schwierigkeiten nicht um eine Schluckstörung, sondern um ein Trauma handeln musste. Ein entsprechender Therapeut hilft uns nun gut weiter. Lucas hat letztens an einem Leberwurstbrot gemümmelt und meldet sich neuerdings, wenn er Hunger hat. Deshalb haben wir große Hoffnungen, bald auch noch Lucas` Untergewicht in den Griff zu bekommen. Dass es ihm nach seiner komplizierten Geschichte so gut geht, empfinden wir jeden Tag erneut wieder als ein riesengroßes Wunder:
Schon meine Schwangerschaft startete nicht problemlos. Ab der 6. Woche hatte ich Blutungen und niemand konnte mir sagen, aus welchem Grund. Da ich das kraftvolle Boxen meines Kindes durchgängig spürte, machte ich mir irgendwann keine Sorgen mehr. Bis ich in der 29. Woche zur routinemäßigen Vorsorge ging. Am Gesicht meiner Gynäkologin sah ich sofort, dass etwas überhaupt nicht stimmte: Fruchtwasser fehlte, das Baby wurde von meiner Plazenta nicht mehr versorgt und hatte sich nicht weiterentwickelt. Ich kam sofort in die Klinik und nach kurzer Zeit musste ein Notkaiserschnitt durchgeführt werden. Trotz seiner 650 Gramm Geburtsgewicht machte sich Lucas anfangs recht gut. Er atmete allein und eine Krankenschwester berichtete mir, dass er schon gleich nach dem Chirurgen gegriffen hatte, der ihn aus meinem Bauch holte.
Am folgenden Tag jedoch, erlitt Lucas eine Sepsis und hatte Wasser in der Lunge. Er musste intubiert und punktiert werden. Seine Blutwerte verschlechterten sich extrem. Während ich eine gefühlte Ewigkeit um das Leben meines Kindes bangte, kämpfte er darum auf der Welt zu bleiben. Nach zwei angstvollen Wochen durften wir das erste Mal kuscheln. Das zweite Antibiotikum hatte angeschlagen und Lucas begab sich auf den Weg der Besserung. Allerdings machte er noch eine Reihe, für ihn „kleinere“ Komplikationen durch, die mich jedes Mal wieder in Aufregung versetzen: er hatte Darmblutungen, eine schwere Gelbsucht und war immer wieder stark unterzuckert. Langsam stabilisierte sich sein Zustand. Nach fast drei Monaten hatten wir endlich Aussicht auf unsere Entlassung. Vorher sollte allerdings noch Lucas doppelter Leistenbruch operiert werden – eigentlich ein kleiner Routine-Eingriff.
Ich erschrak entsetzlich, als ich Lucas wiedersah, denn er war intubiert und hing erneut an zahllosen Schläuchen. Was ich schon längst hinter mir geglaubt hatte, holte mich nun wieder ein: meine namenlose Angst um das Leben meines Kindes. Während der Operation war Lucas reanimiert worden und begann danach, stark zu krampfen. Ich war verzweifelt und am Ende meiner Kräfte. Irgendwann schlugen die Medikamente an, seine Krampfanfälle beruhigten sich und der Tubus konnte entfernt werden. Wie durch ein Wunder erholte sich Lucas schnell. Er begann zu trinken und wieder wacher zu werden. Nach genau 104 Tagen durften wir endlich die Klinik verlassen und nach Hause fahren. Dort begleitete uns die schon erwähnte Frau M. herzlich, liebevoll und fachlich super professionell in einen normalen Alltag. Zum Glück gibt es den Bunten Kreis!“
„Die Doppelbelastung durch Elifs Krankheit und die Pandemie bringen mich an den Rand der Überforderung.“
Elif D. *2.1.2019
„Elif hatte es nicht eilig auf die Welt zu kommen. Zehn Tage nach dem errechneten Termin wurde die Geburt eingeleitet. Alles schien völlig normal zu sein, bis mir merkwürdig vorkam, dass unsere keine Tochter dicke Händchen und sehr kalte Füße hatte. Die Hebamme, die zuhause nach uns sah, empfahl mir diese Symptome abklären zu lassen. Ein schwerer Herzfehler wurde entdeckt und unser Kind sofort mit Blaulicht ins Herzzentrum gebracht. Dort wurde Elif operiert und lag danach sechs Wochen dort. Ich blieb natürlich, wann immer es ging, bei meiner Tochter. Zum Glück wohnen wir neben meiner Mutter, die die Versorgung von Elifs Bruder Ömer übernehmen konnte.
Als wir endlich mit Überwachungsmonitoren entlassen wurden, war ich froh, dass mir Frau B. vom Bunten Kreis zur Seite stand. Sie gab mir viele, nützliche Informationen und unterstützte mich bei einigen Anträgen. Am wichtigsten für mich war ihre Begleitung bei erneuten Begutachtungen im Herzzentrum, denn es stand Elifs zweite Operation an. Ich war immer so aufgeregt, dass ich kaum verstand, was die Ärzte mir sagten und so half es mir enorm, dass mir Frau B. alles noch einmal geduldig erklärte. Bei ihr konnte ich alle meine Fragen loswerden und bekam immer eine Antwort!
Ich habe mir drei Jahre Elternzeit genommen, um in Ruhe für Elif und Ömer da sein zu können. Das genieße ich eigentlich sehr, aber die Corona-Pandemie belastet mich enorm. Ich habe Angst rauszugehen, was uns sehr isoliert. Ich könnte mir nie verzeihen, wenn sich jemand in unserer Familie infiziert. Wenn ich einkaufen gehen muss, desinfiziere ich den ganzen Einkaufswagen.
Elif würde man eigentlich kaum etwas von ihrer Krankheit anmerken, aber ich sehe oft, dass sie sich plötzlich mitten im Spiel zurückzieht, um neue Kraft zu schöpfen. Sie weiß ziemlich genau, wann sie eine Pause braucht. Trotzdem mache ich mir große Sorgen um meine Tochter und habe ständig im Kopf, dass bald die dritte, große Herz-Operation ansteht. Ömer dagegen ist kaum zu bändigen. Er möchte unbedingt mit seinen Freunden spielen. Neulich ist er durchs Fenster entwischt, weil er gegenüber ein paar Jungs gesehen hat. Ich wäre froh, wenn sich die Corona-Situation langsam entspannen würde, denn die Doppelbelastung durch Elifs Krankheit und die Pandemie bringen mich an den Rand der Überforderung.“
„Ich wusste am Anfang gar nicht, wie ich mit Niclas umgehen sollte.“
Niclas *31.5.2019
Gleich nach der Entlassung aus der Klinik begleitete eine erfahrene Kinderkrankenschwester vom Bunten Kreis die kleine Familie auf den Weg in den Alltag. „Ich war völlig verunsichert und wusste anfangs gar nicht, wie ich mit Niclas umgehen sollte,“ erzählt seine Mama. „Frau M. war mir dabei eine unglaubliche Hilfe. Ohne sie hätte ich diese Herausforderung nicht so schnell bewältigt. Sie stärkte mir den Rücken und achtete darauf, dass ich nicht vergesse, auch auf mich selbst zu achten. Es dauerte einige Zeit bis ich Niclas wirklich kennengelernt hatte. Jetzt gerate ich nicht mehr so schnell in Panik, wenn mein Sohn weint, weil ich einschätzen kann, was ihm fehlt. Trotzdem ist es natürlich enorm nervenaufreibend, auf jeden Bissen zu achten, den mein Kind zu sich nimmt. Obwohl seine Speiseröhre schon vier Mal geweitet wurde, kann es immer passieren, dass etwas stecken bleibt. Plötzlich würgt er dann und bei schweren Fällen läuft er blau an. Neulich dauerte es eine gefühlte Ewigkeit, bis der Notarzt endlich eintraf. Mein Sohn hing die ganze Zeit über meinen Beinen und es wirkte, als ob er nicht atmen würde. Diese Bedrohung bedeutet natürlich eine enorme Belastung und ich muss selbst eine Therapie machen, um die Angst langsam abzulegen.
Als Niclas sechzehn Monate war, wurde eine Arterie verlegt, die sich um die Speiseröhre gelegt hatte. Mit dieser Operation hatten wir große Hoffnungen verbunden, aber viel besser wurde der Zustand meines Sohnes leider nicht. Immerhin konnte uns Frau M. wieder eine Zeit lang unterstützen. Erneut brachte sie uns in der Organisation unseres Alltags weiter und stärkte vor allem meine angegriffenen Nerven. Sie entwarf mit mir einen Ernährungsplan und band uns an verschiedene Netzwerke an, die uns dauerhaft helfen können. Niclas weiß jetzt, dass er vor allem „kauen, kauen, kauen“ muss, bevor er schluckt. Wir hoffen sehr, dass sich mit der Zeit mehr Platz zwischen Luft- und Speiseröhre bildet, wenn Niclas wächst und unser Leben sich dann entspannt.“
„Ich wußte schon immer, dass ich Zwillinge bekommen würde“
Arunisa und Aksara
Irgendwie wusste ich schon immer, dass ich zwei Kinder auf einmal bekommen würde, schließlich haben wir viele Zwillinge in unserer Familie. Und als ich bald nach unserer wunderschönen Hochzeitsreise durch Bali schwanger wurde, bestätigte uns die Ärztin wirklich, dass da zwei Herzchen pochten. Ich habe mich wahnsinnig gefreut und war mehr als glücklich. Mir ging es in der Schwangerschaft erst einmal gar nicht gut, ich konnte kaum etwas bei mir behalten und nahm ab. Als dazu noch Blutungen einsetzten, bekam ich Angst und wurde ins Krankenhaus eingewiesen. Zum Glück ging es den beiden Mädchen die ganze Zeit über gut. Nach dem 4. Monat kamen auch meine Lebensgeister langsam wieder zurück und ich konnte meine Vorfreude so richtig genießen. Erst während unseres Umzugs in eine größere Wohnung gab es neue Schwierigkeiten. Wegen der Sommerhitze hatte ich enorme Kreislaufprobleme und entwickelte zudem eine Schwangerschafts-diabetes. Bei einer Kontrolle in der 30.SSW zeigten sich durchgehend Wehen, obwohl ich keine Schmerzen spürte. Vorsorglich wurde ich von meiner Frauenärztin in die Klinik eingewiesen. Nach zwei Wochen strenger Bettruhe wurde der Wehenhemmer abgesetzt. Schon bald darauf hatte ich einen Blasensprung und bekam große Schmerzen in der Nacht. Am nächsten Morgen war klar, dass die Babys ziemlich bald kommen würden. Ab diesem Zeitpunkt war ich im Kreißsaal und bereitete mich auf die natürliche Geburt meiner Kinder vor. Mehrere Stunden vergingen. Es war mir unglaublich unangenehm zu liegen und so wanderte ich im Kreissaal hin und her, bis mein Kreislauf nicht mehr mitmachte. Zweimal bin ich zusammengebrochen, so ahnte ich, dass etwas mit mir nicht stimmte. Der Kreißsaal füllte sich mit Ärztinnen und Hebammen und ich spürte plötzlich große Aufregung um mich herum. Dann ging alles ziemlich schnell. Als ich wieder zu mir kam, gratulierte man mir zu unseren Zwillingsmädchen. Doch meine Freude hielt sich in Grenzen, als ich hörte, dass meine Töchter auf der Intensivstation lagen und beatmet wurden. Während der Geburt war meine Gebärmutter gerissen und nur ein Notkaiserschnitt konnte uns drei retten. Kaum hatte ich mich einigermaßen von diesem Schock erholt, mussten wir uns mit einem weiteren Problem auseinandersetzen: ein Schädel-Screening der Kinder konfrontierte uns mit dem Verdacht auf PVL (periventrikulären Leukomalazie). Dabei handelt es sich um eine Schädigung im Gehirn, die nach erheblichem Sauerstoffmangel bei Frühgeborenen auftreten kann. Ob und was dies für Arunisa und Aksara bedeutete, konnte uns zu diesem frühen Zeitpunkt niemand sagen. Es gibt eine große Bandbreite von möglichen Folgen.
Eine Seelsorgerin machte mich auf das Angebot des Bunten Kreises aufmerksam. Mir ging es nicht nur psychisch, sondern auch körperlich ziemlich schlecht. Ich konnte kaum laufen und hatte immer noch starke Schmerzen im Bauch. Normalerweise unterstützen wir uns in unseren Familien nach einer Geburt sehr intensiv. Aber diese Entlastung war wegen der Corona-Beschränkungen nicht möglich. Umso mehr war ich dankbar über die sozialmedizinische Nachsorge. Eine freundliche und sympathische Kinderkrankenschwester vom Bunten Kreis hatte sich bereits mit einem Anruf im Krankenhaus angekündigt, denn zu dieser Zeit durfte auch sie nicht zu uns in die Klinik.
Als die Kinder nachhause kamen, fühlte ich mich anfangs ziemlich überfordert. Es war ein Segen, dass Frau M. sofort bei uns war. Durch ihre regelmäßigen Besuche empfand ich sie wie eine Tante für Arunisa und Aksara. Sie merkte sich jeden kleinen Fortschritt der Mädchen. Von allem, was Frühgeborene betrifft, hat sie unglaublich viel Ahnung und verfügt auch in Kleinigkeiten über großes Fachwissen. Ich bekam zum Beispiel Angst, wenn Arunisa zitterte, denn ich konnte nicht einordnen, ob sie fror oder ob es sich um einen epileptischen Anfall handelte. Frau M. musste nur einen Blick auf meine Tochter werfen, um Bescheid zu wissen und mich beruhigen zu können. Ihre Erfahrung gab mir große Sicherheit. Arunisa konnte den Kopf nicht auf die linke Seite drehen und nur schlecht die Balance halten. Frau M. empfahl uns spezielle Physiotherapie nach Vojta und Castillo Morales und vernetzte uns gleichzeitig mit den entsprechenden Therapeuten. Schnell ließ sich eine Besserung erkennen. Auch Aksara taten die Übungen gut, die wir bis heute zuhause durchführen.
Insgesamt entwickeln sich unsere Töchter sehr gut. Ich habe ausschließlich positive Gedanken, wenn ich Arunisa und Aksara anschaue und mein Mutterherz sagt mir, dass sie völlig gesund sind!
„Die ersten sechs Monate verbrachte er durchweg im Krankenhaus…“
Alessio
Der Bunte Kreis hat uns nach unserem langen Klinikaufenthalt sehr entlastet. Die Mitarbeiterin sorgte für einen Pflegedienst und gab uns wertvolle Ratschläge und Informationen – eine tolle Sache in unserer Situation!
„Zwei Kinder auf einmal stellten unsere ganze Planung auf den Kopf“
Mina und Ella
Mina ist für mich mein medizinisches Wunder. Sie entwickelte sich bis auf eine schnell überstandene Lungenentzündung super. Leider hatte Ella dagegen mit schlimmen Komplikationen zu kämpfen. Ihr gesamter Verdauungsapparat und besonders ihr Darm waren sehr unreif. Sie musste einige Operationen und sogar mehrmals einen künstlichen Darmausgang ertragen. Einmal wurde sie sogar ins künstliche Koma gelegt.
Als wir nach vier Monaten mit Mina entlassen werden konnte, begleitete uns eine Mitarbeiterin vom Bunten Kreis. Das hat mir sehr, sehr geholfen. Ich hatte einfach den Kopf nicht frei, alle unsere Vorsorgetermine und Formalitäten zu erledigen. Es war hilfreich jemand bei uns zu wissen, der aufpasst, dass wir nichts Wichtiges vergessen.
Es dauerte noch einmal vier Monate bis auch Ella endgültig nach Hause durfte. Es ist mir gelungen, einen guten Rhythmus zu finden und so kehrt langsam Normalität ein. Beide holen ganz viel nach und wir können jetzt sagen, dass beide Mädchen gesund sind. Dafür sind wir sehr dankbar. Niemand, der uns heute sieht, würde vermuten, dass wir so einiges hinter uns haben.
„Sharifa ist unsere kleine Prinzessin“
Sharifa
Schon in der 25. Woche zeichnete sich bei mir eine schwere Schwangerschaftsvergiftung ab. Ich bin selbst Hebamme und wusste genau, dass meine Werte Lebensgefahr für mich und das Kind bedeuteten. Deshalb wurde Sharifa so schnell wie möglich auf die Welt geholt. Sie war so klein, dass sie auf eine Hand passte, aber sie begann schon nach sechs Stunden allein zu atmen. Allerdings entdeckte man, dass ihr Darm perforiert war und brachte sie zur Operation nach Köln. Dort traten immer wieder neue, schwere Komplikationen auf, einmal musste sie sogar reanimiert werden. Es ging ihr sehr schlecht. Unter Tränen saß ich an ihrem Bettchen und sagte ihr: „Du darfst gehen, wenn es Dir zu viel wird. Ich habe mich sehr gefreut Dich kennenlernen zu dürfen.“ Aber sie hat weiter gekämpft und gewonnen. Darüber sind wir natürlich alle überglücklich.
Erst nach Sharifas Entlassung aus der Klinik, merkte ich wie groß meine Anspannung in der schlimmen Zeit gewesen war. Ich hatte ständig Albträume und brauchte psychologische Hilfe, um das Erlebte zu verarbeiten. Der Bunte Kreis stand mir damals hilfreich zur Seite. Ohne diese zuverlässige und umfassende Unterstützung wäre ich kaum so gut zurecht gekommen.
„Oft steckt er die ganze Familie mit seiner guten Laune an“
Deacon-Shown
Das war nicht immer so, denn Deacon-Shown hatte einen besonders schwierigen Start ins Leben. „Das erste halbe Jahr zuhause nach zehn Wochen Aufenthalt in verschiedenen Kliniken war sehr anstrengend und problematisch. Er war unruhig und hat viel geweint. Jetzt habe ich den Eindruck, er ist in der Familie angekommen, fühlt sich zuhause und kennt seine Bezugspersonen,“ berichtet Deacons Mama. „Er freut sich, wenn sich seine beiden großen Geschwister um ihn bemühen, ihn hin und her schaukeln und ihn mit Spielzeug und Rasseln bespaßen, um sein wunderbares Lachen hervorzuzaubern. Unser ganzes Leben wird um Deacon herum geplant. Ich habe meinen Job aufgegeben, um für meinen Sohn da zu sein, denn er fordert eine ganze Menge Aufmerksamkeit und Kraft von uns allen. Wenn wir das Haus verlassen wollen, müssen wir jemand mit der entsprechenden Ausbildung organisieren, der sich um ihn kümmert.“
Deacon-Shown hat durch Sauerstoffmangel während der Geburt Hirnschäden davongetragen. Er litt lange unter Krampfanfällen, die jetzt allerdings durch entsprechende Medikamente im Griff zu sein scheinen. Geduldig versuchen seine Eltern seinen Entwicklungsrückstand von zehn Monaten langsam aufzuholen. „Wir üben zur Zeit auf dem Bauch liegen und das Köpfchen halten,“ erzählt Deacons Mutter. Unterstützt wird sie dabei von einer Krankengymnastin, die drei Mal die Woche kommt und einer Heilpädagogin. Beide wurden vom Bunten Kreis vermittelt. Auch bei Anträgen für einen Behindertenausweis und für entsprechende Hilfsmittel half eine Mitarbeiterin des Bunten Kreises. „Wir sind sehr zufrieden mit der Arbeit des Vereins“ sagt Deacons Mama. „Frau S. unterstützte uns bei der Begutachtung für die Pflegestufe. Es war beruhigend zu wissen, dass ich jemand bei mir habe, der genau weiß, worauf es ankommt. Wir haben gemeinsam schon eine ganze Menge geschafft und verlieren auch für die die Zukunft nicht den Mut.“
„Alles was er sieht findet er spannend und aufregend“
Anton
„Dabei begann Antons Leben eher tragisch“, erzählt Antons Mama.“In meiner 12. Schwangerschaftswoche erfuhren wir, dass ich eineiige Zwillinge erwarte. Beide Babies teilten sich eine Plazenta. Das birgt ein kleines Risiko, dass ein Kind sozusagen auf Kosten des anderen ernährt wird. Bei einem geringen Prozentsatz der Fälle kann es zum Ungleichgewicht des Blutaustauschs zwischen den ungeborenen Kindern kommen. Leider gehörten wir in die Gruppe dieser unwahrscheinlichen Möglichkeit und eines meiner Kinder wurde nicht richtig versorgt. Er verstarb in der 22. Schwangerschaftswoche im Mutterleib. Das gefährdete natürlich auch das Leben des anderen Zwillings enorm. Wir hofften und bangten jeden Tag, dass Anton gut wuchs. In der 32. Woche wurden beide entbunden. Anton wog immerhin 1.450 Gramm und entwickelte sich gut.
Als wir nach fünf Wochen entlassen wurden, waren wir sehr unsicher. Die Angst unserer traurigen Erfahrung steckte uns noch in den Knochen und wir mussten trotz der Freude über Anton eine Beerdigung organisieren. Eine schwere Zeit, in der uns die Mitarbeiterin des Bunten Kreises hilfreich zur Seite stand. Sie schaffte es, mich vor allem emotional zu stabilisieren. Ich hätte sie sehr gerne noch länger bei uns gehabt, als die Krankenkasse bewilligte.“
Daher habe ich das Angebot des Bunten Kreises zu einer Krabbelgruppe, speziell für frühgeborene Kinder und Einladungen zu Veranstaltungen, sei es zum Weltfrühchentag oder zu Weihnachten sehr gerne angenommen.
Außerdem kann ich jederzeit bei Fragen gerne im Bunten Kreis anrufen….
„Du hast eine unfassbar starke Mama an Deiner Seite“
Pia Marie
Ich möchte auf diesem Weg die Chance nutzen, um mich bei Dir zu entschuldigen. Leider habe ich mich vom erstem Tag der Diagnose „Trisomie 21“ nicht so verhalten, wie ich es hätte tun müssen oder wie ich es jetzt tun würde. Deiner Mama war von der ersten Sekunde an klar, dass Du auf die Welt kommst. Und dies hat sie mit einer absoluten Deutlichkeit und großer Willensstärke gezeigt und auch kommuniziert.
Nur ich war mir nicht so schnell sicher, was ich wirklich will. Nie habe ich den Gedanken der Abtreibung in Erwägung gezogen, jedoch war ich wie ein Fähnchen im Winde. Bei positiven Geschichten konnte ich es kaum erwarten Dich endlich kennenzulernen und Dich in meinem Arm zu halten. Bei negativen Berichten stellte ich mir immer wieder die Frage, ob dies der Richtige Weg sei, den wir gehen. Zugegeben habe ich in Mamas erster Schwangerschaft den Bauch öfter gestreichelt als bei Deiner. Zudem habe ich auch mehr mit Deinem großen Bruder gesprochen als er in Mamas Bauch war, als dann in der Schwangerschaft mit Dir. Es tut mir im Herzen und in der Seele weh, dass ich Dich stellenweise vernachlässigt habe. Und mich häufig nur auf Mamas Zuruf mit dem immer größer werdenden Bauch beschäftigt habe. Es war mir nicht peinlich oder unangenehm über das Thema der „Trisomie 21“ zu sprechen und ich stand nicht immer hinter Dir und Mama.
Wenn ich nun mit Abstand darauf zurück blicke, schäme ich mich für manches Verhalten und einige Gedankengänge sehr. Du hast eine unfassbar starke Mama an Deiner Seite. Sie ist nicht nur ein Fels in der Brandung, eine Löwenmama, sondern ein unglaublich besonderer Mensch, so wie Du!
Heute, genau 102 Tage nach Deiner Geburt, kann ich mein Glück kaum fassen, wenn Du mich mit Deinen zauberhaften Augen anschaust oder Deine ersten kleinen Geräusche und Reaktionen von Dir gibst. Ich danke Dir für diesen unbeschreiblich magischen Moment, welchen wir beide im Krankenhaus hatten. Du hast mich richtig angeschaut, tief in meine Augen. Fast so, als hättest Du sprichwörtlich in meine Seele geschaut. Es fühlte sich in diesem Augenblick so an, als hättest Du zu mir gesagt: „Danke Papa, dass ich leben darf.“ Diese Situation auf der Intensivstation werde ich mein ganzes Leben nicht vergessen.
Heute bin ich einfach nur froh und dankbar für alles, was ich mit Dir schon erleben durfte. Und natürlich auch für das, was wir noch erleben werden. Ich möchte Dir sagen, dass ich absolut hinter Dir stehe, egal was noch kommen und passieren wird!
Jeden Tag möchte und werde ich Dir zeigen, dass Du ein ganz besonderer Mensch für mich bist.
Hoffentlich kannst Du mir den holprigen Start in die Schwangerschaft verzeihen und spürst, dass ich Dich sehr lieb habe. Egal was war, egal was ist und egal was wird, ich werde immer an Deiner Seite stehen und immer für Dich da sein!
Deine Mama, dein Bruder und ich können uns ein Leben ohne dich nicht mehr vorstellen. Du bist für uns etwas ganz Besonderes, kleine Pia!
In Liebe Dein Papa!
„Sie erzählt den ganzen Tag, singt, tanzt…“
Eylül Zehra
Ein süßer kleiner Wirbelwind, unsere Eylül, die sich am wenigsten für Essen interessiert. Dabei ist ihre Ernährung so wichtig. Sie wurde zwölf Wochen zu früh geboren, wog nur 860 Gramm und brauchte einen künstlichen Darmausgang. Drei Monate lag sie im Krankenhaus, bis der Ausgang zurückverlegt werden konnte. Es dauerte lange, bis sie genug zunahm und nach Hause durfte. Bis heute lässt sie niemand an ihren Bauch und wir müssen sie festhalten, um zu tasten, ob er nicht zu hart ist“.
„Marlena hat ein sonniges Gemüt und genießt das Leben in vollen Zügen“
Marlena
Unser Mädchen wurde fünfzehn Wochen zu früh geboren. Meine Schwangerschaft verlief ganz unkompliziert, bis ich plötzlich während meiner Arbeitszeit als Krankenschwester einen unangenehmen Druck verspürte. Die daraufhin erfolgte Untersuchung ergab, dass der Muttermund schon vollständig geöffnet war. Es konnte gerade noch die Lungenreifespritze gegeben werden, da musste schon ein Notkaiserschnitt eingeleitet werden. Unsere kleine Maus war nach der Geburt eigentlich ganz fit, wurde nur mit einer Maske beatmet und wir hofften, dass wir mit dem Schrecken davonkommen würden. Aber nach drei Tagen verschlechterte sich ihr Zustand rapide. Sie wurde intubiert und in eine Spezialklinik nach Köln verlegt, da der Darm abzusterben drohte. Dort zog sie sich auch noch eine Blutvergiftung zu und es dauerte 3 Wochen, bis sie wenigstens wieder nach Duisburg kommen konnte. Insgesamt verbrachte Marlena drei Monate in der Klinik und es waren tausend kleine Schrittchen nötig, bis sie endlich nach Hause durfte. Ich fühlte mich die ganze Zeit als würde ich die Luft anhalten, war erfüllt von Sorge um unser Kind. Durch Marlenas viel zu frühe Geburt hatte ich überhaupt keine Zeit, den wichtigen Schritt von einer jungen Frau zur Mutter zu verarbeiten. Gerade noch in Vorfreude auf unser Baby, fand ich mich in größter Angst in der Frühchenintensivstation wieder, suchte die Schuld bei mir und zerbrach mir den Kopf, was ich falsch gemacht hatte. Zum Glück verhielt sich mein Mann die ganze schlimme Zeit sehr positiv und voller Hoffnung. Er und meine übrige Familie waren mir in den schrecklichen Wochen eine große Stütze. Auch die Gespräche mit Mitarbeiterinnen des Bunten Kreises halfen mir schon im Krankenhaus. Es war beruhigend zu planen, was alles zu tun war, wenn wir nach Hause kommen würden. Später genoss ich die Teilnahme an der Bunte-Kreis-Frühchenkrabbelgruppe. Hier erfuhr ich ganz viel Verständnis von anderen Eltern in ähnlichen Situationen, tiefe Freundschaften sind entstanden. Uns alle verbindet die große, wochen- oft monatelange Angst um unsere frühgeborenen Kinder.
Marlena hat nun Schritt für Schritt alle ihre Defizite aufgeholt und ich habe endlich wieder das Gefühl, dass unser Leben in guten, ruhigen Bahnen verläuft.“
„Seine beiden siebeneinhalb jährigen Zwillingsschwestern haben einen „Geschwisterführerschein“ absolviert“
Luis
Bei Luis entdeckte der Arzt bei einer Routine-Ultraschalluntersuchung im 8.Schwangerschaftsmonat zu viel Hirnwasser. Als er fünf Wochen zu früh auf die Welt geholt wurde, stellte man eine Cyste im Kopf fest, die den Ausgleich des Hirnwassers verhinderte. Trotzdem hatte er durchwegs gute Werte und konnte schon nach einer Woche nach Hause entlassen werden. „Die Ungewissheit , ob Luis sich gesund entwickeln würde, war für uns die Hölle“ erzählt Luis Mama „Niemand konnte eine Hirnschädigung ausschließen.“ Es tat unglaublich gut, dass uns Frau S. vom Bunten Kreis beistand, sie verstand es, meine Ängste zu lindern. Mit ihrer Hilfe lernten wir unser Kind langsam besser kennen und sein Weinen einzuordnen, ohne gleich in Panik auszubrechen. Auch die Physiotherapeutin machte uns immer wieder Mut, denn Luis zeigt eine altersgerechte Entwicklung und keinerlei Krampfanfälle.
Mittlerweile hat unser Sohn eine Operation hinter sich, die zum Glück erfolgreich verlief. Die Cyste konnte entfernt werden. Ich bin dankbar und glücklich, dass es ihm so gut geht, aber ich weiß nun, dass es keine Selbstverständlichkeit ist, dass meine Kinder alle gesund sind.“
„Eigentlich wollte ich mir nur noch einmal ein schönes Foto abholen“
Maya Marie *12.10.2016
Schon am nächsten Morgen lag ich dann auf dem OP-Tisch für den Kaiserschnitt. Maya kam sofort auf die Intensivstation. Es stellte sich heraus, dass sie aufgrund einer extrem seltenen Antikörper-Unverträglichkeit zwischen meinem Mann und mir eine Blutgerinnungsstörung entwickelt und schon im Mutterleib eine Hirnblutung erlitten hatte. Sie brauchte Bluttransfusionen und etwas später einen Shunt zum Ableiten des Hirnwassers. Wir mussten leider in Zusammenhang mit Mayas Gesundheit immer wieder extrem belastende Situationen erleben. Aber sie ist das stärkste Mädchen der Welt und bekommt all ihre Besonderheiten viel besser geregelt als ihre Mama. Unsere kleine Tochter Maya ist unsere Wundertüte. Sie überrascht uns und auch ihre Ärzte immer wieder neu. Sie fängt gerade an zu krabbeln und die Physiotherapeutin meint, dass sie laufen lernen wird. Auch bei der Sehfrühförderung macht sie sich super. Maya bekommt alles an Förderung, was es gibt, aber wir achten besonders darauf, dass sie sich spielerisch entwickeln darf und kein Druck aufgebaut wird.
Sie hat ihren ganz eigenen Kopf. Vor ein paar Wochen lehnte sie plötzlich vehement jede Flüssigkeitsaufnahme durch Flasche und Becher ab. Ließ sich Tee und Milch gerne löffelweise servieren und verspeiste mit Genuss Seelachs und Cannelloni. Eben mümmelte sie noch gerne an Brötchen herum. Auf einmal nimmt sie Brot nur noch in Stückchen zu sich. Man weiß nie, was sie sich gerade so überlegt, und was sie noch so auf Lager hat. Anfangs liebte sie ihren schwarz-weißen Schmetterling Freddy zum Kuscheln. Jetzt mag sie nur noch einen quietsch-grünen Dinosaurier, der laute Geräusche macht. Maya ist unsere verwöhnte süße kleine Prinzessin mit ganz viel Temperament und wir würden sie um nichts auf der Welt mit einem anderen Kind tauschen!“
„Manchmal kommt es anders als man denkt“
Laura, Amelie und Leonie
Nachdem die drei Mädchen Laura, Amelie und Leonie das Licht der Welt erblickt hatten, waren die Eltern überglücklich, obwohl die drei zu früh geboren wurden und leichte Startschwierigkeiten hatten. Während des Klinikaufenthaltes der Drillinge nahm eine unserer Case Managerinnen Kontakt zu den Eltern auf. Im Jahr 2004 hatte sie schon einmal eine Familie mit Drillingen betreut und konnte gut an ihre Erfahrungen von damals anknüpfen. Die Eltern waren sehr erfreut über das Hilfsangebot und nahmen es gerne an.
Zunächst führte die Case Managerin viele Gespräche mit den Eltern. Die Mutter war am Anfang verständlicherweise unsicher und hatte Angst, irgendwann zusammenzubrechen. Sie hatte viele Fragen zur Versorgung und Pflege der Kinder. Besonders ihr taten die klärenden Gespräche gut. Manchmal betrafen sie auch ganz banale Dinge, z.B. die Frage, wie füttere ich drei hungrige Säuglinge auf einmal. Die Case Managerin übernahm viele Telefonate und Gespräche mit Behörden und Hilfsanbietern, um für die Familie Entlastung zuschaffen. Zum Beispiel konnten zunächst ehrenamtliche und später von der Stadt finanzierte Helfer organisiert werden, die die Familie in alltäglichen Dingen unterstützten.
Ein ausgestellter Parkausweis erleichtert der Familie die Ausflüge als Großfamilie mit dem Auto. Zum Glück entwickeln sich Laura, Amelie und Leonie den Umständen entsprechend gut. In Zukunft wird es noch viel Trubel in der neuen Großfamilie geben, das ist klar. Aber der Anfang ist geschafft und die Eltern sehen mit Zuversicht und Freude in die Zukunft. Frau F.: „Ich bin so froh über die Hilfe vom bunten Kreis. Frau B. war immer offen für meine Fragen und hat uns viel Organisatorisches abgenommen. Das hätten wir alleine nie so geschafft.“
„Bei Max musste es ganz schnell gehen“
Max
Seine Lunge drohte zusammenzufallen und sein Herz war nicht ganz in Ordnung. Zum Glück konnte beides mit Medikamenten behandelt werden. Einmal bekam Max eine schwere Lungenentzündung. Die Eltern: „Uns geht es unterschiedlich. Wenn Max Zustand kritisch ist, geht es uns auch sehr schlecht. An guten Tagen freuen wir uns, sind aber vorsichtig. Auch wenn wir schon viel geweint haben, schmälert das nicht die Freude über Max Geburt. Wir sind durch ihn unbeschreiblich reich an Gefühlen und staunen über soviel Persönlichkeit in einer 37 cm großen Person“.
Nach elf Wochen Krankenhausaufenthalt mit vielen Schwankungen war es endlich soweit: Max durfte nach Hause. „Als sich die Tür der Intensivstation hinter uns schloss, wurde es plötzlich ernst. Wir waren alleine verantwortlich für Max Wohl und Gedeih. Halogenspot im Fahrstuhl vermeiden, Blick in die Sonne vermeiden, Wind nicht von vorne wehen lassen, etc, etc. “Eine der Case Managerinnen(CM) von Bunter Kreis Duisburg e.V. stand der Familie dabei zur Seite.
Überwachungsmonitore, verschiedene Arztbesuche, Atemtherapie – mit all diesen Dingen musste die Familie nun fertig werden. Außerdem war es Frau R. sehr wichtig, ihren Sohn zu stillen. Durch die Startschwierigkeiten war dies eine große Herausforderung. Die CM vermittelte Frau R. zu einer Stillberaterin, die der Mutter gut helfen konnte.
Frau R.: „Gott sei Dank besucht uns regelmäßig Fr. B. vom bunten Kreis. Ich frage sie kurz und klein nach allen großen und kleinen Dingen. Schließlich bin ich zum Kind gekommen ohne Geburtsvorbereitungskurs und es tut einfach gut, einen Ansprechpartner zu haben, der sich in der Frühchenproblematik auskennt.“ Als es der Familie besser ging und die Eltern genügend Sicherheit gewonnen hatten, beendete die CM ihre Arbeit in der Familie. Mittlerweile ist aus Max ein lebensfroher, kleiner Junge geworden.
(Der Bericht enthält Auszüge aus dem Tagebuch von Familie R.)
„Ich hatte Angst um das Leben meines Kindes“
Zuhause angekommen: Als mein Sohn dann Zuhause war, konnte ich mich am Anfang nicht richtig als Mutter fühlen, aber mit der Zeit kam das dann. Aber ich hatte immer Angst mit ihm alleine zu sein, wegen dem Monitor.
Entlassung: Am Tag der Entlassung war ich sehr nervös. Ich habe mich gefreut, dass mein Sohn nach Hause kam, aber ich hatte auch große Angst davor, dass er krank wird oder dass er nicht gut trinkt.
Begleitung: Ich war froh, dass ich Frau D. von Bunter Kreis Duisburg an meiner Seite hatte. Wenn ich Fragen hatte, konnte ich immer beim Bunten Kreis anrufen. Auch wenn es mir nicht gut ging, konnte ich mit ihr sprechen. Der Bunte Kreis hat mich viel unterstützt, es ist gut, dass es so was gibt! Bei Arztbesuchen Hilfe zu haben oder wenn man Hilfe braucht, um einen Termin zu machen. Es ist gut, dass es Menschen wie vom Bunten Kreis gibt, die einem helfen.
Am 26.02.2010 hätte ich meinen Sohn in echt bekommen, aber L. kam zu früh auf die Welt. An dem Tag war ich mit ihm im Krankenhaus. In der Nacht hat Frau D. von Bunter Kreis Duisburg seine „zweite“ Geburt zum errechneten Geburtstermin mit uns zusammen erlebt, als ob es seine Geburt war.
Ein komisches Gefühl für mich, an dem Tag ist alles wieder hoch gekommen, was an dem Tag der echten Geburt war und das war sehr schlimm für mich. An diesem Tag hatte ich so große Angst um das Leben meines Kindes. Und wenn ich ihn jetzt angucke, bin ich sehr glücklich, dass er da ist und das alles geschafft hat. Und ich möchte echt Danke sagen an Bunter Kreis Duisburg, an das Krankenhaus und dass es so tolle Menschen gibt.
Bunter Kreis Duisburg e.V. – Niederrhein und westliches Ruhrgebiet hat uns sehr geholfen und ich fand es sehr gut, dass Frau D. mit dem Arzt gesprochen hat. Das war echt gut, wenn es um die Impfung ging oder um den Termin oder einfach nur um Begleitung.
„Meine ganze Welt war zerbrochen…“
Nisa Berra
ich habe 2 Jahre erstmals gebraucht, um ein Kind zu kriegen. Nach einem Jahr wurde ich schwanger, aber leider habe ich nach 8 Tagen das Kind verloren. Die 2 Jahre waren schrecklich. Man sah Schwangere oder neugeborene Babys und dies tat mir richtig weh. Ich habe viel geweint. Warum gerade wir, wieso kriegen wir kein Kind. Dann, 1 Monat später, wurde ich mit meiner Tochter Nisa Berra schwanger.
Meine kleine Maus kam mit 3110 g und 50 cm per Kaiserschnitt zur Welt, aber leider hatte sie während der Entbindung einen Oberarmbruch und Schlüsselbeinbruch erlitten. So fing es an, dass bei mir die Tränen nicht vor Freude, sondern um die Sorge meines Kindes Tropfen für Tropfen, Perle für Perle fielen. Danach fielen bei ihr neurologische Probleme auf, weil sie die Augen nach oben wegrollte und mit den Augen nicht fixierte. Muskelschwäche, Kopfhaltung fehlte und im November 2009 fing sie an zu krampfen.
Meine ganze Welt war zerbrochen, ich konnte mir dies nicht mehr ansehen, sah immer gleichaltrige Kinder GANZ GESUND. So fing es bei mir an, dass mein Herz jedes Mal stärker blutete und bis heute noch. Bis jetzt ist noch keine Diagnose festgestellt worden. Das tut auch noch mal weh, aber ich als Mutter weiß, wenn man was gefunden hätte, würde sie nieeee ein normales Kind. Als meine kleine Maus 8 Monate geworden war erfuhr ich, dass ich ganz plötzlich zum 2. Mal schwanger war. Ich war schockiert, dass das einfach so geklappt hat. Ich wollte dieses Kind erst abtreiben lassen, weil ich wollte, dass meine Nisa Berra von ihren Untersuchungen, Krankengymnastik usw. nicht fort bleibt. Ich bin so belastet gewesen, wusste nicht mehr wie es weiter gehen soll. Sorgen und Sorgen, aber mein Mutterherz konnte es doch nicht machen und jetzt bekomme ich meine 2. Maus in Angst. Ich hoffe, dass alles für meine Familie gut geht.
Ich bedanke mich hier nochmals beim Bunten Kreis, bei meiner Familie, meinem Kinderarzt Dr. Yekrangi, bei der Station B44 der Wedau Kliniken. Sie haben mir alle sehr viel Mut gemacht und mich teilweise im Arm getröstet, zugehört, versucht meine Sorgen wegzunehmen und und und… also nochmals Dankeschön!
„Man lernt im Leben nie aus“
Verdammt, wir brauchen eine Lösung. Mein Partner hat mir so viele wunderbare positive Sachen gesagt, dass ich kein Contra mehr geben konnte. Ich habe auf ihn gebaut und habe mich dazu bereit erklärt, das Kind aus Liebe zu ihm doch zubekommen. Der nächste Schock kam bei der Schwangerschaftsvorsorge, Zwillinge. Oh mein Gott, was nun? Mit zwei Babys weiter im Laden stehen und bügeln, nein das ging für mich leider nicht, denn ich konnte ihnen nicht gerecht werden. Also habe ich den Laden im Spätsommer geschlossen und ehrlich gesagt, habe ich es bereut.
So manchmal habe ich meine zwei kleinen Mäuse dafür verantwortlich gemacht, aber was konnten sie dafür ………nichts, denn zwei Erwachsene haben sich dazu entschlossen aus Liebe zu einander ein Baby, in meinem Fall zwei Babys, zu bekommen. In der 26. SSW mit dem Novo-Virus infiziert worden zu sein, hätte ich mir auch nie erträumen lassen. Mein Partner hat mich dann auch noch im Stich gelassen. Die lieblichen Wörter waren nur heiße Luft. Was ist passiert, ich habe keine Ahnung. Es rückte langsam der Tag des Kaiserschnitts immer näher, von meinem Ex doch keine Spur. Die vergangenen Wochen habe ich keine Lebenszeichen von ihm gehört.
Am 10.03.2009 kamen endlich Emilia Irmgard und Luana in der 35+3 SSW per Kaiserschnitt auf die Welt. nbsp]Meine liebste und aller beste Freundin war mit im Kreissaal. Ich hatte eine wahnsinnige Angst, weil ich mir so allein und verlassen vorkam. Doch mein Leid ging nun weiter. Luana, der zweite Zwilling wurde nur wenige Stunden nach der Geburt in ein anderes Krankenhaus verlegt und zwar in das Herzzentrum in Duisburg. Was genau mit meiner Tochter los ist, habe ich nur so halb verstanden, denn Emilia lag auch noch zwei Tage auf der Intensivstation. Ich habe die Zeit genutzt und mich mit Schmerzmitteln vollgepumpt, denn ich hatte starke Schmerzen und Angst, was doch so alles passieren würde.
Ich traute meinen Augen nicht…aber ich habe ein erstes Lebenszeichen meines ExPartners erhalten: „Sind die Kinder schon da, werde heute Abend mal vorbei kommen.“ Ich bin beinahe vor Wut geplatzt. Ich rief ihn an und teilte ihm mit, dass wenn er die Kinder sehen möchte, er erst zum Jugendamt gehen und sich als Vater eintragen lassen müsste. Doch ich hatte noch einen schweren Weg zu gehen. Ich habe meine Tochter Luana nach der Verabschiedung am Tag ihrer Geburt nicht mehr gesehen.
Meine liebste Freundin hat mich ins Krankenhaus begleitet. Am Krankenhaus angekommen, musste ich mich erstmal zusammen reißen, dass ich keinen Nervenzusammenbruch erlitt. Der Weg zu Luana war echt schwer, weil ich nicht wusste, was mich dort erwartet. Wir mussten in die 7. Etage, aus dem Fahrstuhl endlich herausgekommen, wurde der Gang immer schwerer, ich dachte meine Beine sind aus Blei. Der Flur war solang, ich dachte ich komme nie bei der Intensivstation an.
Hände waschen, desinfizieren, Kittel anziehen und endlich meine kleine Tochter in dem Inkubator anfassen zu können, Mensch ich hätte sie sehr gern in den Arm genommen um ihr zu sagen, dass es mir leid tut, dass ich gesagt habe, dass ich die Kinder nicht gewollt habe. Als ich sie so da liegen sah, hatte ich ein verdammt schlechtes Gewissen. Denn nun wusste ich was meine kleine, zerbrechliche Tochter hat.
Pulmonalatresie mit nicht intaktem Ventrikelseptum, so lautet die Diagnose, aber das war noch nicht genug. Ich sollte Emilia testen lassen, ob sie auch einen Gendefekt hat. Luana ist ja schon einige Tage hier im Herzzentrum und die haben sie auf den Kopf gestellt und festgestellt, dass sie den catch 22q11, mit anderen Worten, dass di george syndrom hat. Ich musste mich erstmal sammeln, denn ich kannte mich in solchen Sachen nicht aus. Total niedergeschmettert fuhren wir wieder nach Hause.
Ich habe mir zur Angewohnheit gemacht, morgens und abends zu duschen und unter der Dusche meine Emotionen fließen zulassen, so wurden sie wenigstens für eine gewisse Zeit vertrieben, denn ich konnte es mir nicht erlauben schwach zu werden, denn ich habe ja letztendlich Verantwortung für fünf Kinder, die zu Hause leben, die mich auch fordern und denen ich nicht die ganze Wahrheit über Luanas Krankheit gesagt habe. Ich habe mich sehr schnell damit abgefunden, dass meine zerbrechliche kleine Luana behindert ist. Eher, als das ich sie verlieren würde.
Die täglichen Besuchsfahrten bei meiner Tochter wurden schon langsam zur Routine, denn es gehörte zu meinem neuen veränderten Leben. Das Herzzentrum empfiehl mir, mich bei dem Bunten Kreis in Duisburg vorzustellen und die würden mir schon mal so einige Wege abnehmen. Ich dachte ich brauche keine Hilfe, ich würde schon alles alleine bewältigen, aber bei diesen ganzen Sachen blickte ich nicht mehr durch. Ich musste mir doch echt mal eingestehen, dass ich Hilfe brauche, denn wer kennt sich schon mit solchen Dingen aus. Zumal wird dieser Verein auch noch von der Krankenkasse getragen. Nun hatte ich Kontakt zum Bunten Kreis und die zwei netten Damen waren für mich helfende Elfen, denn ihr Wissen bedeutet mehr Macht, mehr Macht für mich, denn Wissen ist Macht. Ich finde man lernt im Leben nie aus. Selbst in so einer Situation nicht.
Meine helfenden Elfen haben eine Menge für mich erreicht, denn Bürokratie war noch nie meine Stärke, das muss sie auch nicht, denn ich bin sehr froh darüber, dass man mir diese ganzen Sachen abgenommen hat. Wir standen im ständigen telefonischen, persönlichen und Email-Kontakt. Sie haben mir eine Menge abgenommen und ich bin ihnen und dem Verein sehr dankbar für ihre Hilfe. Wir haben bei der Krankenkasse noch mal einen Antrag auf Verlängerung beantrag undbewilligt bekommen. Selbst bei einem Besuch beim Kinderarzt war jemand anwesend und hat mir noch eine Hilfestellung gegeben.
Ich bedanke mich hier an dieser Stelle noch mal bei dem Bunten Kreis aus Duisburg, allen MitarbeiterInnen ein großes Lob für ihre Arbeit, denn es ist auch für sie manchmal nicht einfach, wenn da jemand sitz, der am Boden zerstört ist, weil das Krankheitsbild des Kindes einem doch sehr zuschaffen macht und wir sie zu unseren mitbetroffenen Menschen machen. Eines kann ich wirklich nur aus eigener Erfahrung sagen, irgendwann kommt jeder Mal an seine Grenzen und manche Dinge sollte man eben nur Menschen überlassen, die sich täglich damit beschäftigen und sich daher damit auskennen.
„Efe, mein ein und alles…“
die Geschwisterliebe. Ich habe zwei Brüder Sezer (15) und Sezgin (12). Ich liebe meine Brüder zwar, aber ich wollte noch eins. Ich schrieb meinen Eltern Briefe und SMS ich flehte sie an und bekam aber eine Antwort, die ich nicht hören wollte. Meine Eltern hatten Angst. Sie hatten Angst, dass ein weiteres Kind vielleicht mit einer Krankheit geboren wird. Denn mein Bruder Sezer hatte vor etwa 7 Jahren eine Gehirnblutung erlitten. Er ist teilweise gelähmt und muss regelmäßig zur Therapie. Sezgin hat vor 3 Jahren einen Krampfanfall gehabt, ist aber zum Glück anfallfrei. Ein neues Kind kam also nicht in Frage.
Ich wusste, dass meine Mutter auch ein Kind haben möchte. Wir hatten grade das Schlimmste hinter uns gelassen und vergessen. Doch meine Gebete wurden erhört. Meine Mutter wurde schwanger, aber sie sagte uns es am Anfang nicht. Sie bekam Vitamintabletten für Schwangere vom Arzt verschrieben und Sie versteckte sie vor uns. Ich fand diese Tabletten und ich freute mich sehr. Meine Mutter war schwanger. Ich bekam ein Geschwisterchen.
Im dritten Monat wurde es dann offiziell, sie sagte es uns am Frühstückstisch. Wir fuhren zusammen ins Krankenhaus und meine Brüder und ich sahen zum ersten Mal unser Geschwisterchen. Es war noch klein, aber da. Ab dem Moment zählten wir Monate, Wochen und Tage. Ich als einziges Mädchen in der Familie wollte unbedingt ein Mädchen, aber es kam nicht so. Es war ein Junge. An den Tag habe ich geweint bis ich gezittert habe. Auf einer Seite war ich traurig aber auf der anderen Seite auch froh, denn mein Bruder war gesund. Meine Mutter hatte aber zu viel Fruchtwasser. Und es stellte sich heraus, dass sie Schwangerschaftsdiabetes hat. Meine Mutter war meistens sehr müde und ich übernahm vieles im Haushalt. Sie schlief sehr viel, denn sie war nicht mehr die jüngste. Sie war 40 Jahre alt geworden.
Alles verlief gut. Ich begleitete meine Mutter wenn ich nicht in der Schule war zu ihren Terminen. Wir hörten uns die Herzschläge von meinen Bruder an und Sezer nahm sie sogar auf. Inzwischen war sie 9 Monate schwanger und wir erwarteten unseren Bruder. Sezgin küsste jeden Abend den Bauch meiner Mutter und ich fand es wunderschön meine Hand auf ihren Bauch zulegen und meinen Bruder zu spüren. Meine Mutter fuhr zwei Wochen vor dem Entbindungstermin ins Krankenhaus und dort musste sie bleiben. Mein Bruder hatte zu wenig Fruchtwasser und am 29.12.2009 um 22.04 Uhr wurde Efe Yusuf mit Kaiserschnitt geboren. Meine Anderen Brüder und ich waren zuhause und warten. Mein Vater kam und erbrachte uns ein Foto von Ihm. Er war Süß und er war mein Bruder. Diese Nacht schlief ich gut und träumte von Ihm.
Am nächsten Tag fuhren wir ins Krankenhaus und bewunderten unseren Nachwuchs. Meine Mutter blieb lange dort, denn mein Bruder hatte Gelbsucht. Aber dann kamen sie nach Hause. Uns wurde langsam beigebracht, dass Efe krank ist. Efe hat Trisomie-21. Bei dieserKrankheit haben Kinder schwache Bauchmuskeln. Sie haben eine Lernschwäche und sie unterscheiden sich von anderen Kindern. Sie haben asiatische Augen und gleichen Mongolenkindern. Die Ärzte haben meinen Eltern erzählt, dass Efe vielleicht nicht lachen oder weinen könne. Er würde immer nur schlafen. Wir alle haben viel geweint.
Aber wir hatten Glück, bis jetzt hat Efe eine leichte Form. Er lacht und sitzt mit Hilfe. Er schreit, weint und macht auf sich Aufmerksam. Zurzeit macht Efe viele Fortschritte. Er kann Sachen, welche manche Kinder in seinen Alter nicht Können, aber manches kann er nicht (z. B. seinen Kopf im liegen lange halten). Efe ist jetzt 3 Monate alt und fängt bald mit der Therapie an. Es ist schwer für die ganze Familie, aber wir halten zusammen und wir haben vieles mit Hilfe vom Bunten Kreis gemeistert.
Ich weiß nicht mehr, wie es ohne Efe war. Er ist einfach mein Ein und alles. Ich liebe meinen Bruder sehr und ich würde alles für ihn tun. Ich würde sogar für ihn sterben. Ich bin Efes „Patenmutter“. Wenn meine Mutter einkaufen fährt oder arbeiten geht pass ich auf ihn auf, natürlich helfen meine Brüder mir auch. Als Efe zum ersten Mal laut gelacht hat habe ich geweint. Ich habe mich gefreut, dass Efe glücklich ist bei uns zu sein und dass er überhaupt
lachen kann. Efe ist etwas Besonderes und er hat unser Leben verändert. Er und sein lachen ist unsere Medizin und er erfüllt unsere Familie mit Freude und Mut.
„Wir sind und bleiben stark“
An unserem ersten Hochzeitstag 30.08.2009 war der große Tag gekommen, trotz vieler Schmerzen und der PDA erblickte Ronya Nur um 16.40 Uhr das Licht der Welt.
Im ersten Moment war es ein Schock, da sie fünf Mal die Nabelschnur um den Hals gewickelt hatte. Sie war blau angelaufen und konnte nicht selbständig Atmen. Sie nahmen mir Ronya Nur sofort weg, um Erste Hilfe zu leisten.
Sie verlegten Ronya Nur sofort in die Kinderklinik Duisburg, da lag sie auf der Intensivstation. Ronya hatte Fehlbildungen an Händen und Füßen, einen Stridor, eine Zwerchfellhernie und konnte nicht selbständig Atmen. Wegen großer Unzufriedenheit wurde Ronya Nur auf unseren eigenen Wunsch am 10.09.2009 nach Düsseldorf Universität Kinderklinik verlegt.
Am 13.09.2009 in der Nacht hatte Ronya Nur einen leichten Krampfanfall gehabt und wurde dort auf die Intensivstation verlegt. Dort wurde sie drei Tage lang intubiert. Wir fragen uns bis heute, wie so ein kleiner Säugling die Kraft hernimmt, dass alles zu überleben. Die Zwerchfellhernie lag über dem Magen, deshalb bekam Ronya Nur
eine Duodenalsonde, worüber sie 18 Stunden dauersondiert wurde. Es wurden viele Untersuchungen durchgeführt: EKG, Echo, Röntgen, Hautstanze, humangenetische Untersuchungen, EEG, MRT usw… Bis jetzt haben wir keine Ergebnisse über Ronyas Grunderkrankung. Aus diesem Grund ist keine richtige Behandlung gewährleistet.
Eines Tages bekam ich einen Anruf, dass die Ärzte persönlich mit uns sprechen wollten. In diesem Gespräch sagten sie mir, dass es Ronya von Tag zu Tag schlechter gehen würde und sie glaubten, dass Ronya Nur nicht die Kraft hat, um zu überleben. Natürlich ist es uns auch aufgefallen, aber als Eltern möchte man so etwas nicht wahr haben. An diesem Tag hatte Ronya Nur 100% Sauerstoffbedarf. Wir mussten uns entscheiden, ob Ronya im Notfall reanimiert werden sollte oder nicht. Es war eine harte Entscheidung, doch wir entschieden uns dagegen. Am nächsten Morgen
teilten sie mir telefonisch mit, dass die Herzfrequenz auf unter 37 fiel. Sie wurde sofort intubiert und für die Notfalloperation eines Luftröhrenschnittes angemeldet. Dies alles geschah am 16.10.2009.
Seit dieser OP ging es unserer kleinen Maus besser wie je zuvor. Sie konnte direkt nach der OP selbständig atmen und brauchte bis jetzt keinen Sauerstoff. Sogar nach einer Woche sprach man von der Entlassung. Es war uns klar, dass wir es alleine Zuhause nicht schaffen würden. So entschieden wir uns, die Hilfe vom Bunten Kreis Duisburg anzunehmen. So bekamen wir Besuch von Frau S., die mit uns und den Ärzten über weiteres Vorgehen sprach. Sie kümmerte sich um sämtliche Arzttermine und um einen Pflegedienst, der uns unterstützen sollte und um viele andere Sachen.
Wir sind mit ihren wöchentlichen Hausbesuchen immer noch rund um zufrieden. Am 26.11.2009 war es soweit, wir konnten unsere Ronya Nur endlich mit nach Hausenehmen. Da hilft uns immer noch das Team von der ambulanten Krankenpflege Siebert. Es werden noch einige schlimme Tage auf uns zukommen, da Ronya Nur sich noch einigen Operationen unterziehen muss, z.B. die Zwerchfellhernie wird noch operiert, die Kontraktionen an Händen und Füßen und ggf. die Entfernung der Trachealkanüle. Aber wir glauben an unsere Ronya Nur und wissen, dass sie auch
diese schweren Tage überstehen wird.
Wir danken allen Leuten, die uns viel Kraft und Mut gaben. Ebenfalls bedanken wir uns sehr beim Bunten Kreis und dem Pflegedienst, die uns tatkräftig unterstützt haben. Wir sind und bleiben stark.
„Der Bunte Kreis hilft jedem Kind, unabhängig von seiner Herkunft“
Jetzt ging es nur noch darum meine Frau zu überzeugen. Ich hatte ein wenig Angst davor, denn eigentlich hatten wir gesagt wir nehmen nur ein Mädchen. Zudem, dass der Kleine kein Mädchen war, war er auch noch nach seiner Geburt neurologisch auffällig und seine Prognose stand noch nicht so fest. Lustig war, dass ich meine Frau gar nicht überzeugen musste; sie empfand wie ich und wir freuten uns wahnsinnig. Schon nach 1 Stunde hatte er einen Namen in unserem Kopf und wir hofften, dass er noch keinen wirklichen bekommen hatte. Montags waren wir dann im Jugendamt und es war klar, dass JOJO am Mittwoch aus der Klinik entlassen würde und von da an bei uns leben würde. So schnell wurde noch nie eine Wohnung umstrukturiert, ein Kinderzimmer eingerichtet und eine Babyausstattung gekauft! Dienstagabend sahen wir ihn zum ersten Mal und für mich war es Liebe auf den ersten Blick, wie er da so winzig auf der Intensivstation in seinem Bettchen lag.
Die ersten Monate vergingen sehr schnell. JOJO war nicht sehr einfach zu händeln. Manchmal schrie er zehn Stunden am Stück und ließ sich nicht beruhigen. Wir dachten erst es wären die 3-Monats-Koliken. Nichts half auf Dauer. Auch der Kinderneurologe zu dem JOJO nach seiner Entlassung aus der Klinik noch mal musste, wusste nicht,weshalb er so war. Aber einen Satz den er sagte, der ging uns nicht mehr aus dem Kopf. Er meinte wir könnten uns jederzeit bei ihm melden, wenn etwas wäre. JOJO wurde älter und fing dann an für uns komische Bewegungen zu machen. Eigentlich sah es aus, als würde er Sport treiben und Situps absolvieren. Nur wurde es immer mehr und auch in der KG machte er diese Bewegungen, so dass wir mit der KG beschlossen JOJOs Bewegungen mal auf Video festzuhalten. Barbara und ich wussten, da stimmt was nicht und riefen den Neurologen an und verschoben unseren Termin auf einen früheren Zeitpunkt. Am Tag vor JOJOs Taufe brachte eine Freundin uns den entscheidenden Hinweis. Sie hatte Kinder mit BNS Anfällen auf ihrer Arbeit gesehen und die Bewegungen die JOJO machen würde, sähen diesen Anfällen sehr ähnlich. Wir haben uns im Internet dann informiert und wussten sofort: JOJO hat BNS Anfälle und unsere heile Welt geriet stark ins Wanken, auf Taufe und feiern hatten wir eher keine Lust mehr. Ich rief dann sofort am nächsten Tag den Neurologen an und berichtete ihm von unserem Verdacht. Dieser meinte, JOJO wäre dafür noch zu jung, aber sagte, ich solle mittags mit unserem Sohn in die Klinik kommen. Ich kam und blieb mit JOJO 5 Wochen dort.
Am nächsten Tag stand fest, unser Sohn hat das Westsyndrom und müsste behandelt werden. Es standen eine Menge Untersuchungen an. Im Ultraschall vom Schädel wurde etwas gesehen und so war klar JOJO muss ins MRT. Der Tag war auch spannend. Wir waren der Meinung, JOJO müsste vor so einer schwerwiegenden Untersuchung gestärkt werden und zogen ihm seinen Supermannstrampler an. Effekt war, dass das MRT nicht stattfand, da Supermann ja nicht schlafen muss trotz Sedierung. Diesen Strampler zog er bei keiner Untersuchung mehr an. Das nächste MRT sollte in Vollnarkose stattfinden. Als wir zum Einleiten der Narkose nach unten gingen, gab es dort einen Feueralarm und wir mussten zurück auf die Station. Das MRT fand später aber dann doch noch statt.
Fünf Wochen waren wir in der Klinik und die Schwestern dort brachten uns auf die Idee, den Bunten Kreis Duisburg e.V. einzuschalten damit er uns hilft, wenn wir entlassen wurden. Eine bessere Idee hätten die nicht haben können!
Nach unserer Entlassung aus der Klinik ging es hin und her. Wir mussten mit JOJO immer wieder in die Klinik und es war gut, den Bunten Kreis an unsere Seite zu haben. Zusammen stellten wir einen Antrag auf einen Schwerbehindertenausweis. Wir beantragten die Pflegestufe und als der MDK kam, stand uns jemand zur Seite. Siehatten immer ein offenes Ohr. Waren auch in Notsituationen zu erreichen als wir wieder aufgenommen werden mussten, weil JOJO das Essen einstellte oder auch als für uns das schwierige Thema Cortisonbehandlung für JOJO anstand. Inzwischen ist unsere Betreuung durch den Bunten Kreis abgeschlossen, JOJO hat 2 Cortisonbehandlungen gut überstanden hat ein gutes letztes EEG gehabt, in dem auch Entwicklungspotential zu sehen war. Er entwickelt sich langsam weiter und holt jetzt alles nach, was er davor nicht konnte. Wir hoffen, dass es JOJO weiter gut geht und er sich entwickelt.
Wir wissen, dass wenn es ihm oder uns mit ihm nicht gut geht, wir uns auf jeden Fall wieder beim Bunten Kreis melden können. Dies ist ein gutes Gefühl.
„Tage, an denen die Erde sich nicht weiterdreht“
Yannis
An der Situation, oder unserer Entscheidung immer für Yannis da zu sein, hätte dieses Wissen jedoch nichts geändert. Nachdem es gegen Ende der Schwangerschaft leichte Wachstumsdifferenzen gab, wurde ich zur Einleitung ins Krankenhaus aufgenommen. Yannis war schon über dem Termin und somit konnte ich mich mit dem Gedanken gut anfreunden. Da unser erster Sohn per Kaiserschnitt auf die Welt kam, habe ich mir eine natürliche Geburt sehr gewünscht. Und auch dies klappte, zwar mit Saugglocke, aber ich durfte in den Genuss kommen, unseren Sohn selbst auf die Welt zu bringen. Yannis hatte Probleme mit Fruchtwasser und seiner Spucke.
Mehrmaliges Absaugen hatte nur kurzzeitig Erfolg. Nachdem dann auch noch schlechte Blutwerte ermittelt wurden, beschloss der Kinderarzt ihn auf die Intensivstation zu verlegen. Bis dahin war das für mich alles Routine. Voller Glücksgefühle kam ich auf mein Zimmer. Einige Stunden später bekam ich dann die Diagnose, die alles ändern sollte…Den Moment, als die Ärzte mir die Nachricht mitteilten werde ich nie vergessen. Er ist eingebrannt in meinem Kopf.
Yannis hatte eine Fehlbildung der Speiseröhre, genannt Ösophagusatresie Typ IIIb. So wie die meisten hatte ich noch nie davon gehört. Die Speiseröhre war nicht durchgängig und dann ging noch eine Fistel zur Luftröhre ab. Für Yannis lebensgefährlich. Ich war erst ganz gefasst und als ich dann meinen Mann anrief brach es aus mir heraus und aufhören zu weinen, werde ich wohl nie. Dann ging alles ganz schnell. Yannis wurde noch am gleichen Abend in ein anderes Krankenhaus verlegt, das EKO, und ich habe mich am Tag darauf entlassen lassen.
Er wurde nämlich keine 24 Stunden nach seiner Geburt operiert. Vor der OP der nächste Schock und damals ahnte ich noch nicht, dass noch viele Tiefpunkte folgen werden. Yannis hat noch einen komplexen Herzfehler. Den DORV (Double Outlet Right Ventricle). Bei der Ösophagusatresie ist es normal, dass noch andere Organe (Herz und/oder Niere bzw. Darm) betroffen sind. Das nennt sich VACTERL Assoziation. Bei Yannis ist es eben das Herz. Die erste OP verlief 7 Stunden, war aber erfolgreich.
Nach 12 Tagen durfte Yannis von der Intensivstation auf die normale Station. Dort waren wir leider nicht lange. Yannis hatte Probleme mit dem Sauerstoff und wurde öfter blau. Also wurde die OP des Herzens vorgezogen und wir sind ins Herzzentrum Duisburg verlegt worden. Yannis bekam im Herzzentrum erst den Herzkatheder und dann folgte nach einiger Zeit die OP. Da Yannis einige Infektionen mitgenommen hatte, kam es immer wieder zu Verzögerungen. Beide Eingriffe hatte Yannis aber wieder gemeistert. Kurzzeitig hatten wir die Hoffnung, es wurde aufwärts gehen.
Doch Yannis hatte zu große Probleme von der Beatmung weg zu kommen. Da lag er nun, mein kleiner Wurm. Erst ein paar Wochen alt und voller Schläuche, Kabel, Infusionen. Bei der Spiegelung der Luftröhre (Bronchoskopie) wurde dann festgestellt, dass Yannis Luftröhre zu weich ist und er sie nicht eigenständig offenhalten kann (Tracheomalazie). So war an eine Spontanatmung nicht zu denken. Also wurde eine dritte OP gemacht, die Aortopexie. Auch diese ohne Komplikationen. Das war der Zeitpunkt, an dem ich allen Mut verloren hatte. Die Aortopexie ist eine Möglichkeit, das Gewebe der Luftröhre und somit auch die Luftröhre zu straffen, damit sie nicht mehr zusammenfällt. Während des ganzen Krankenhausaufenthalts habe ich mich immer wieder mit dem Krankheitsbild beschäftigt und alles versucht, uns Hilfe zu holen. So bin ich dann auch zum Bunten Kreis Duisburg gekommen, der Flyer im Herzzentrum ausgelegt hatte. Am Tag der dritten OP habe ich uns dann dort vorgestellt und wir sind mit ganz viel Verständnis und Hilfsbereitschaft empfangen worden.
Die Aortopexie hatte leider nicht die gewünschten Erfolge erzielt. Yannis bekam also eine erneute Bronchoskopie in der Kinderklinik in Köln. Nun sollte die Frage geklärt werden, schafft er die selbständige Atmung oder bekommt er einen Luftröhrenschnitt, ein so genanntes Tracheostoma. Diese Alternative lastete schon lange auf unseren Schultern und als Laien stellt man sich das ungeheuer schlimm vor. Die Ärzte in Köln machten uns noch mal Mut und sagten, dass wir es erneut probieren sollten die Beatmung abzutrainieren. Alles wurde versucht, Yannis kam sogar in eine moderne Form der „eisernen Lunge“. Tage und Wochen vergingen. Es war eine Berg -und Talfahrt von Emotionen, Extubationen und Intubationen. Yannis ging es seelisch immer schlechter. Lachen konnte er schon lange nicht mehr. Also wollten wir seinen Qualen ein Ende bereiten. Wir haben alles probiert und mussten nun realistisch sein.
Also bekam er am 11.05.2009 sein Tracheostoma. Mittlerweile war Yannis fast drei Monate alt und so lange auch schon im Krankenhaus. Seinen Bruder kannte er so gut wie gar nicht und wir alle waren mit den Nerven am Ende. Vor dem Tracheostoma hatte ich nun auch nicht mehr so viel Angst. Ich hatte schon Kontakt zu anderen Eltern aufgenommen, die alle berichteten, dass es eine Erleichterung für die Kinder sei. Außerdem könnte Yannis damit nach Hause. Das war unser größter Wunsch. ENDLICH NACH HAUSE.
Und was die anderen Eltern berichteten können wir nur bestätigen. Das Tracheostoma ist eine Erleichterung. Yannis war nach dem Eingriff wie ausgewechselt. Er konnte wieder lachen, sich bewegen. Es war wunderbar. Yannis wurde wieder ins EKO verlegt, um die Beatmung abzutrainieren und von da an ging es stetig bergauf. Parallel wurde vom Bunten Kreis alles für die Entlassung in die Wege geleitet. So dass wir zu Hause mit einer Physiotherapeutin, einem ambulanten Pflegedienst, Hilfsmittellieferanten etc. versorgt sind. Yannis wurde nach über fünf Monaten aus dem Krankenhaus entlassen und ist seit 13 Wochen zu Hause.
Er hat sich prima entwickelt, hat Spaß mit seinem Bruder, seiner Umwelt und lacht den ganzen Tag. Yannis ist ein ganz zufriedenes und neugieriges Kerlchen. Momentan müssen wir regelmäßig zur Herzkontrolle. Alles andere hat sich regelrecht entwickelt und muss nicht kontrolliert werden. Wir haben zwar noch einige Baustellen, wie z.B. das Abtrainieren der Nasensonde und seine motorische Entwicklung, aber auch das werden wir meistern.
Trotz der vielen Tiefpunkte, wusste ich immer, dass wir, und insbesondere Yannis, alles schaffen werden. Und irgendwann haben wir vielleicht das Glück, dass Yannis Tracheostoma wieder verschlossen wird. Auch wenn ich das oft dachte, insgeheim soll man die Hoffnung ja nicht aufgeben. Yannis ist für uns ein ganz normales Kind, er hat nur ein Loch zusätzlich im Körper. Aber er wird wie ein ganz normaler Junge aufwachsen. Als Familie blicken wir einer aufregenden Zeit entgegen und freuen uns über die Entwicklung unser beider Söhne!
Liebe Grüße aus Duisburg, die P.
„Unsere Geschichte“
Frühgeburt verbunden mit vielen Komplikationen. Hirnblutungen, Beatmung, unzählige Infektionen und und und….
Nach 3,5 Monaten langer Intensivbehandlung dürfen wir mit allen dreien nach Hause. Ein großes Glück für uns aber gleichzeitig auch beängstigend. Denn jetzt kommen unsere kleinen zierlichen Wunderkinder raus aus der geschützten Umgebung. Es gibt keine Ärzte und keine Krankenschwestern mehr. Ein langer Weg liegt jetzt vor uns. Auf uns warten viele Arztbesuche, Therapien, Förderungen, Tests und Behandlungen. Ob wir das meistern? Wer wird uns den Weg freischaufeln und uns unterstützen?
Als der Chefarzt der Kinderklinik uns vom Bunten Kreis erzählt hat, haben wir nicht lange überlegt um diese Hilfe anzunehmen. Schon bei der ersten Begegnung mit der Mitarbeiterin Frau G. haben wir uns in sicheren Händen gefühlt. Sie hat uns in dem Umgang mit unseren Kindern motiviert. In sehr kurzer Zeit organisierte sie viele Arzttermine, erledigte wichtige Angelegenheiten in Behörden und vermittelte uns mit Förderstellen.
Viele offene Fragen, die sich mit der Zeit entwickelten, beantwortete sie immer mit Geduld. Sie nahm uns soviel Arbeit ab, dass wir uns auf unsere Kinder konzentrieren konnten. Und das Wichtigste: wir hatten keine Angst mehr etwas falsch zu machen! Wir glauben nicht, dass wir den Übergang vom Krankenhaus ins normale Familienleben so meistern würden, wenn wir diese Hilfe nicht bekommen hätten.
Deshalb ganz herzlichen Dank an alle Mitarbeiter/ innen des Bunten Kreises, insbesondere Frau G. und Frau S.! Einen herzlichen Dank auch an die Organisatoren und die gutmütigen Unterstützer dieser Hilfe! Eure Hilfe lohnt sich! Danke!
„Das Leben ist eine Überraschung…“
Esad
Ja, nicht nur das Leben ist eine Überraschung – Kinder sind es auch! Und während ich Esad zuschaue, wie er mit einem Zweig eifrig den Kiesweg fegt, bekomme ich vor lauter Rührung Gänsehaut. Wie anders war doch die Situation, als wir uns vor ca. 2 Jahren kennen lernten… Esad, das zweite Kind der Familie C., war zu diesem Zeitpunkt 8 Monate alt und wog 5,5 kg. Ein kleiner, zarter Knirps, der mit seinem offenen, freundlichen Wesen und – nicht zuletzt mit seiner kleinen runden Professoren-Brille 🙂 – sofort jedes Herz eroberte.
Frau C. berichtete mir in unserem ersten Gespräch, dass bei Esad – nach einer komplikationslosen Schwangerschaft und Geburt – gleich in den ersten Stunden Probleme auftraten und er daraufhin umgehend in eine Kinderklinik verlegt werden musste. Dort wurde ein Herzfehler diagnostiziert. Nur wenige Tage nach Entlassung traten zuhause erneut akute Atemprobleme auf und Esad musste wieder in ein Krankenhaus. Diesmal lautete die Diagnose Lungenentzündung. Nach vielen umfangreichen Untersuchungen wurde dann aber festgestellt, dass Esads gesamtes Atmungssystem völlig anders aufgebaut ist als gewöhnlich, eine „anatomische Neuschöpfung“ wie ein behandelnder Arzt sich ausdrückte.
Den Eltern wurde klar: wir haben ein besonderes Kind! Mit ganz viel Liebe und Engagement stellten sie sich ihrer neuen Lebenssituation, bewältigten die neuen Herausforderungen und erlebten auf neue Art und Weise, wie viel Kraft man aufbringen kann, wenn man eine solche Lebenssituation gemeinsam als Familie durchlebt und zusammenhält.
Esad bekam zweimal wöchentlich Krankengymnastik und einmal die Woche Frühförderung. Dazu kamen regelmäßige Termine bei der Kinderärztin und in der Kinderklinik, wo er regelmäßig pneumologisch und kardiologisch untersucht wurde. Immer wieder mussten Bronchoskopien in Vollnarkose durchgeführt werden – was aufgrund des Herzfehlers heikel war und den Eltern immer wieder Angst machte.
Groß war auch die Angst vor Infekten, die häufig einen stationären Aufenthalt nötig machten und die Familie veranlassten, so selten wie möglich mit Esad vor die Tür zu gehen. Besondere Kinder brauchen aber auch andersweitig besonders viel Zeit und Zuwendung. In Esads Fall stellte sich die Ernährung als besonders belastend für die Muttter heraus. Er konnte aufgrund seines Herzfehlers immer nur kleinste Mengen essen, gleichzeitig verbrauchte sein Körper besonders viel Energie, sprich Kalorien. Im Klartext bedeutete es für die Eltern, Esad alle 1,5 bis 2 Stunden zu füttern, Tag und Nacht! Das alles erforderte sehr viel Geduld, Fingerspitzengefühl und Kraft.
Obwohl die Eltern alles ganz hervorragend machten (oder gerade deshalb…) machten sich die Ärzte und Therapeuten Sorgen, wie lange die Familie dieser besonderen Belastung noch stand halten würde. Und so begann diesozialmedizinische Familiennachsorge durch Bunter Kreis Duisburg e.V. –Niederrhein und westliches Ruhrgebiet. Stützende und ermutigende Gespräche standen hierbei im Vordergrund. Familie C. erkannte, was sie schon alles leistete und erfuhr, welche Hilfen und Unterstützungsmöglichkeiten ihnen noch zur Verfügung standen. So wurde ein Antrag auf Feststellung des Grades der Behinderung gestellt und in Schwerbehindertenausweis bewilligt. Nötige Hilfsmittel wie ein therapeutischer Hochstuhl zum Sitzen am Familientisch und ein Rehabuggy wurden beantragt.
Sehr wichtig war auch, die in der Familie bereits tätigen Helfer zu kontaktieren und die Kommunikation untereinander herzustellen. So konnten die nötigen Maßnahmen koordiniert werden und die Kommunikation über die Ziele von Esads Therapie zwischen allen sichergestellt werden. Die Situation des älteren Bruders wurde mit den Eltern ebenfalls angesprochen. Der Vater beschloss darauf hin, häufiger gezielte Vater-Sohn-Aktionen mit seinem älteren Sohn zu unternehmen. Um die besonders belastende Ernährungssituation (für Mutter UND Kind) zu verbessern, verordneten die behandelnden Ärzte eine hochkalorische Zusatznahrung. Die Bewilligung durch die Krankenkasse erwies sich als schwierig und langwierig, wurde aber durch die Case Managerin hartnäckig verfolgt.
Letzten Endes brachte diese Nahrung DEN Durchbruch in der Entwicklung des Kindes. Durch die höhere Zufuhr von Kalorien konnte Esads motorische Entwicklung deutliche Fortschritte machen und auch seine Infektanfälligkeit nahm spürbar ab. Besonders schön war, dass sich die Familie am Ende der Nachsorge einen Traum erfüllen konnte, der zu Beginn der Betreuung noch völlig utopisch erschien: sie flog – mit Esad – für 6 Wochen in die Türkei, wo ihn seine Großeltern zum ersten Mal in die Arme schließen konnten!